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Israel

It’s holy, stupid.

Wir wissen nicht, was uns erwartet. Wir wussten bis vor kurzem nicht einmal, dass unsere Route durch Israel führen würde. Was wir aber zu meinen wissen: Dass da Gefahren lauern. Wir diesen aus dem Wege gehen wollen. Und wir mindestens an jeder zweiten Strassenecke einen Foodstall der Güte Ottolenghis erwarten.

Israel versteht wohl niemand. Aber ein Besuch ermöglicht spannende Einblicke.

Bereit für etwas Neues.

Momoll, nach vier intensiven, ebenso wunderschönen wie heissen Monaten sind wir bereit für etwas Abwechslung. Da kommt einem ein Israel gerade recht. Nicht, dass wir in den bislang bereisten arabischen Staaten viele entsprechende Empfehlungen erhalten hätten. Gleichzeitig haben die Namen unserer Söhne – zu unserem Erstaunen – in der muslimischen Welt keinerlei negativen Reaktion hervorgerufen. Je mehr wir uns jedoch von Jordanien her der Grenze zu Israel nähern, desto kritischer und argwöhnischer werden auch wir betrachtet. In den Grenzregionen gar meine ich zum ersten Mal auf unserer Reise eine latente Feindseeligkeit zu spüren. Weil wir für Israelis gehalten werden? Was bedeutet das für die Tage in Israel und den besetzen Gebieten?

Der kleine grosse Schritt. Übertritt.

Wir haben hohe Erwartungen an den Grenzübertritt – gehen von einem Negativ-Rekord punkto Dauer aus, erhoffen uns aber ein Natural-Intelligence und Psychologie-Spektakel der Sonderklasse. Die Befragungsmethoden sind weitherum berüchtigt und gepaart mit modernster Technologie scheinbar sehr effektiv.

Die jordanische Seite wünscht uns nach einer knappen halben Stunde, ein paar halbherzig händisch ausgefüllten, dafür mit grosser Wichtigkeit gestempelten Formularen, eine gute Reise. Schön war sie, die arabische Welt. Doch es bleibt kaum Zeit für Wehmut. Denn schon stehen wir auf der falschen Strassenseite vor der Einfahrt ins gelobte Land. Wir schwenken also auf das rechte, ebenfalls geschlossene Gate zu, doch nichts tut sich. Die Dame im Wachturm aber hat uns gesichtet und bemüht ihr Walkie Talkie. Wir warten. Endlich winkt uns der entfernte Grenzbeamte wieder zurück zum linken Gate, welches uns inzwischen offen empfängt. Wir machen schon mal mächtig Eindruck, da solche Manöver mit Trailer doch etwas umständlich sind. Wir sind gespannt, welche Auswirkungen dies auf unsere Score hat und steuern lässig zum nächsten Posten. Da kann der nichtuniformierte, dafür gut bewaffnete Beamte nur mit wilden Gesten verhindern, dass wir nicht wieder auf der falschen Spur landen.

Wir sind bereit.

Und dann, endlich, die lange ersehnten Fragen. Woher kommen wir? Wo wollen wir in Israel hin? Wie lange? Nicht gerade sonderlich kreativ, aber in Kombination mit seinem aufmerksamen und durchdringenden Blick und den vielen Funkmeldungen welche er mit seinen Kolleginnen austauscht, doch zumindest potenziell hypersmart. Auch der nächste Posten belässt uns in diesem Glauben. Und wir meinen uns mitten drin in der Israelischen Serie “Fauda”. Lässig gekleidete, bestens ausgebildete, markant hübsche Beamtinnen und Beamten befragen uns: Woher kommen wir? Wo wollen wir in Israel hin? Wie lange? Die Pistole lässig in den Gurt gesteckt, die dunkle Sonnenbrille verhindert durchdringende Revanchen. Dann folgt, was wir bislang erfolgreich vermeiden konnten: “Bitte alles ausladen”.

 

Hello Fauda.

Gibt ein Downgrading auf nur noch potenziell effektiv. Und unsere Stimmung. Wegen des arabischen Feiertags (Eid al Fitr) sei der grosse Auto-Röntgenapparat nicht verfügbar und das Auto müsse mit anderen Mitteln durchsucht werden. Wir zeigen Verständnis und die Grenzbeamten kommen uns auch etwas entgegen: Wir müssen nur die persönlichen Kisten und Gegenstände ausräumen. Der Fauda-Oberagent rauscht mit Auto und Trailer ab und taucht gut eine Stunde später wieder auf. Sein trockener Kommentar: “Wieso fährst du mit 4×4?” Ich mache mir dazu wenig Gedanken und verweise stolz auf die Minderbelastung des Getriebes, bis ich die israelischen Dieselpreise erfahre. Während wir uns in Jordanien (1 CHF/l) bereits von den spottbilligen Preisen in Saudi Arabien (0.15 CHF/l) entwöhnt haben, schlägt Israel den bisherigen Rekord mit ca. 2.40 CHF/l. Nebenbei verrät mir der Beamte noch, wieso er so gekonnt mit dem Trailer rangieren kann: Er sei zuhause oft mit dem Traktor und Anhänger unterwegs. Willkommen im Land der Kibbutze und Moshave.

Da ist's passiert. Wir haben die Grenze erfolgreich passiert.

Nach rekordbrechenden 3 Stunden werden wir entlassen. Covid-getestet, durchleuchtet, befragt und beeindruckt. Die Strassen? Vernüftigt beschildert. Die Verkehrsteilnehmer? Verhältnismässig regelkonform unterwegs. Das Verkehrsaufkommen: Zu gross, also Stau. Drei Vorkommnisse, welchen wir im arabischen Raum allerhöchstens vereinzelt begegnet sind. Zudem: modern kultiviertes Land, durchwegs fertig gebaute Häuser, Einkaufswagen mit Münzdepot. Vor allem aber: von Bäumen anstelle Abfall gesäumte Strassen, Kühe anstatt Kamele, Flüsse, Seen, Wälder, Wolken. Wir wähnen uns nahezu im Paradies – wie wir in kurzem Übermut und nach mehrmonatigem Entzug unser Zuhause nennen.

Chli 🇨🇭, im Fall.

Und so machen wir uns dann auch auf in den Switzerland Forest. Einem mit Schweizer Hilfe aufgeforsteten Hang am See Genazareth. Traumhafte Aussichten, nur Kühe als Nachbarn und Bienenstöcke mit Schweizer Kreuz drauf. Für einmal lassen wir etwas Heimweh zu und geniessen das Idyll. Kurze Ausflüge an den Strand oder ins nahe Tiberias erlauben uns erste Einblicke ins Leben in Israel. Die Vielfalt spricht uns an: da eilt der sorgfätig gelockte orthodoxe Jude über die verstopfte Strasse, macht sich die wohlgenährte säkuläre Pensionärin auf ins Strandbad, gönnt sich der geschäftige Araber einen dufte Shwarma. Und ab und an, da erklingen die Kirchglocken. Fast zu gut um wahr zu sein.

Mehr als nur ein Fluss: der Jordan.

Wenige Tage später schlagen wir unser Zelt am Jordan auf. Hier in der Region Galiläa sammeln sich die vielen Zuflüsse und bilden den geschichtsträchtigen Strom Fluss Bach. Wir finden trotz wichtigem israelischen Feiertag (Independence Day) einen herrlichen Stellplatz direkt am dicht becampten Fluss. Er ist unsere Homebase für die kommenden Tage und Ausflüge. Unweigerlich setzen wir uns auch mit der Geschichte dieses Landes auseinander – ist der Fluss doch die ehemalige Grenze zwischen Israel und Syrien. Heute ist Syrien geografisch viele Kilometer entfernt und gefühlt auf einem anderen Kontinent.

Gömmer Golan?

Wir staunen nicht schlecht, als wir die besetzen Golanhöhen erklimmen – klimatisiert in unserem Auto, auf bestens ausgebauten, von Dörfern gesäumten Strassen – und Sicht auf Syrien erlangen. Dieses landschaftlich sehr ansprechende Hochland haben wir uns anders vorgestellt. Mindestens unzugänglich für die Bevölkerung, mit Bunkern und Panzern übersät, allenfalls noch ausgebombten Häusern. Doch das Gegenteil trifft zu: Die Golanhöhen sind mitunter DAS Ausflugsziel der Israeli, Busse voller Touristen fahren in die Grenzregion, das Land wir intensiv bepflanzt und genutzt und auf dem Mount Hermon – im Ländereck Libanon/Syrien findet sich gar das einzige Skigebiet Israels. Einmal mehr lernen wir, wie sehr die Medien bzw. unsere sehr selektive und kontextfreie Wahrnehmung Bilder, Erwartungen und Ängste kreieren. Und man diese erst vor Ort vernünftig relativieren kann.

Hart an der Grenze. Links Israel, rechts DMZ, noch mehr rechts Syrien.

Wir finden sie dann aber doch noch, die verlassenen Panzer und Bunker. Nur wenige Meter von der durch die Uno überwachten demilitarisierten Zone entfernt. So richtig abgesperrt ist die Zufahrt dorthin nicht und so rollen wir gemächlich der Grenze entlang. Und fragen freundlich naiv beim israelischen Militärposten, ob wir denn eigentlich hier sein dürften. Die hier aufgestellten Bauten und riesig eindrücklichen Panzer sprechen eine deutliche Sprache, der freundliche Soldat aber lässt sich auf einen Schwatz mit uns ein uns sendet seinen sich nähernden Kollegen Entspannungs-Zeichen. Solche Begegnungen wühlen schon auf – einerseits sehr sympathische und menschliche, kaum erwachsene Soldaten, andererseits auf Zerstörung optimierte und organisierte Maschinen und Strukturen. Ein Spannungsfeld, welches uns in diesem Land leider fortan begleitet.

 

Quell des Lebens.

Der Blick von den verschiedenen Vulkankegeln herab auf das Umland macht klar, wieso die Golanhöhen von so eminenter Wichtigkeit sind. Für einmal hat es keinen religiösen sondern sehr weltlichen, strategischen Hintergrund. Die sanft abfallenden Hügel erstrecken sich bis zum See Genezareth (Kimeret) und geben den Blick bis weit ins israelische Kernland frei. Gleichzeitig kann gegen Osten hin tief nach Syrien eingesehen werden, wir meinen gar schon die Umrisse Damaskus‘ erkennen zu können. Wer hier oben herrscht, kontrolliert. Und dies tun aktuell die Israelis. Und die Besetzung bringt einen weiteren langfristig entscheidenden Vorteil: Damit werden sämtliche Zuflüsse in den See Genezareth (und dieser selbst) kontrolliert. Für uns Schweizer: Ok, ein See mehr oder weniger, ist das so wichtig? Auf der arabischen Halbinsel: Der einzige grosse Süsswassersee.

Und weil wir inzwischen auf den Geschmack von Grenzerfahrungen im eigentlichen Wortsinne gekommen sind, folgen wir der Empfehlung eines israelischen Polizisten (du erfährst gleich, wie wir ihn kennen gelernt haben). Sie führen uns an die Grenze zum Libanon. Und zwar einmal mehr nicht nur in deren Nähe, sondern bis an den Zaun. Die Mauer. Wir hören die Flagge der libanesischen Hizbollah im Winde flattern, wir staunen ob der Blumenpracht auf dem Balkon des libanesischen Nachbarn und  schauen durch die Gucklöcher in der Mauer auf grüne Hügel und fruchtbares Land.

Gemäss meinen Hochrechnungen vor der Reise hätte unsere Überlebenschance in diesem Gebiet bei ca. 5% gelegen. Dass wir nun zu 100% überlebt haben ist kein gewaltig statistisches Schnippchen, sondern viel mehr dem Umstand geschuldet, dass hier weitestgehend ein „Courant Normal“ herrscht. Auf beiden Seiten der Grenze steht bei nahezu allen Bewohnern das (alltägliche) Leben im Vordergrund.

Die Flaggen des Libanon, Hezbollah, Palästinas. Auf libanesischem Staatsgebiet, versteht sich.

Der goldene Käfig.

Wir besuchen einen Spielplatz im Kibutz Shtula, just neben der Grenze zum Libanon. Viele Kinder mit Gebetszotteln, viele Frauen mit Perrücken, zwei Männer mit Kippa. Wir lernen Dan Katz kennen, in unserem Alter, Vater von 4 Kindern. Er ist beeindruckt ob unserer Reise und vor allem Route. Undenkbar für Israelis – im besten Fall liegen aktuell Ausflüge nach Jordanien und Ägypten drin, die anderen arabischen Staaten jedoch verunmöglichen ihnen die Einreise. Israel überzeugt uns mit seiner landschaftlichen Schönheit, dem relativen Wohlstand und der westlichen Organisation. Gleichzeitig wird uns bewusst, welch goldener Käfig dieses Land für seine Bewohner ist. Immerhin, Dans Familie und seine orthodoxen Kibutzianer geniessen vom idyllisch ruhigen, grünen und umwaldeten Dörfchen eine fantastische Aussicht aufs Mittelmeer und erreichen in 20 Minuten die Hafenstadt Akkon (Acre).

Mixed Realities.

Nach Tagen in vornehmlich jüdischen Ortschaften bewegen wir uns in Akkon und Haifa wieder in sogenannt gemischten Städten. Die arabische Altstadt Akkon errinnert uns angenehm an die letzten Monate. Verwinkelte Gässchen, reges Leben, Gemüseläden und Shwarma-Takeaways. Die von einer eindrücklichen Mauer umfasste Stadt beherbergte in ihren Jahrtausenden so manche Völker und Religionen, erlangte allerdings letztes Jahr leider traurige Bekanntheit, weil sich hier – einmal mehr – der israelisch-arabische Konflikt mit Gewalt entlud. Viele Verletzte, brennende Auto und zerstörte Läden und Hotels. Wo man sich bewegt, wird man daran erinnert: Das Land ist noch nicht zur Ruhe gekommen, zu viele Ungereimtheiten und Un/gemeinheiten sind ungeklärt.

Die Vertreibung aus dem (Vertrauens-)Paradies.

Auch in unsere überschaubaren Overlanderwelt schleicht sich ein bislang unbekanntes Gefühl ein. Wir fühlen uns zuweilen nicht mehr wohl bzw. sicher in unserer Minikarawane. Während wir uns in den 4 Monaten in den arabischen Ländern wenig Gedanken über die Sicherheit von Leib und Gut machen, werden wir bei unserem Camp am Jordan schmerzhaft daran erinnert, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Die Türen unseres Trailers werden gewaltsam aufgebrochen, ein Durcheinander im Innern, Spielsachen und Utensilien liegen verstreut herum. Es wir kein Profi gewesen sein, wohl ein nach was auch immer Bedürftiger. Unser Trost ist, dass nur ein paar Lampen, der Gaskocher und die Boombox entwendet werden. Larisas Intuition verhinderte, dass auch iPad und Laptop gestohlen werden – sie hat diese vor unserem Tagesausflug ins Auto gepackt.

Beide Türen mit Gewalt geöffnet, ein paar Dinge entwendet, Vertrauen beendet.

Und auch hier am Strand von Akkon schleichen seltsame Gestalten über die Dünen, parkieren ihre Autos auf der nahen Schotterstrasse. Und nachdem Larisa während der Abwesenheit der „Mannschaft“ unangenehm beobachtet wird, beschliessen wir das Wildcampen in solchen Umgebungen auszusetzen. Das nahe Appartment im siebten Stock empfängt uns mit freiem Blick aufs Mittelmeer, Waschmaschine, Schaukelstuhl. Und Kinderzimmer aka gepanzertem Schutzraum – wir meinten schon, für einmal dem leidigen Thema entfliehen zu können.

Dafür zeichnet sich an der Reisefront Entspannung ab. Wir finden endlich eine Möglichkeit mit dem Auto und Trailer nach Europa zu überschiffen. Ohne ein halbes Vermögen daran zu geben. Insgesamt kostet die Reise nach Griechenland dann doch beinahe CHF 4‘000.- (Verschiffung, Zollgebühren, Flugtickets), doch die Alternativen durch Syrien/Libanon oder Aqaba wären weder günstiger noch schneller gewesen. Zudem muss auch ich eingestehen: Die ursprünglich geplante Route via Iran und Türkei würde sowohl unser Zeit- als auch Motivationsbudget sprengen. Als das über die Familie gemittelte Budget. Wie du dir vorstellen kannst, gibt‘s da auch individuelle Unterschiede.

Wie nehmen es vorweg: Alles heil in Griechenland angekommen.

Und wenn wir schon dabei sind. Uns wird immer mehr klar, dass wir nach all den wunderbar einsamen Wochen unseren Kindern etwas schuldig sind: Kindergesellschaft, Spiel- und Tummelplätze, Sesshaftigkeit. So beschliessen wir nicht nur viel Strecke abzukürzen (aka Griechenland direkt), sondern fortan auch nach familienfreundlichen Campingplätzen Ausschau zu halten. Ein guter Entscheid, wie sich schon bald zeigen wird.

 

Nach dem Hafen ist vor dem Hafen.

Wir liefern unsere Karawane am Hafen von Haifa ab, noch immer etwas ungäubig, dass nun alles so einfach und rasch gehen soll (Abgabe heute, Abholung in Lavrio/Griechenland in 5 Tagen). Zoll und Schlüsselabgabe erledigen wir dank Begleitung eines Mitarbeiters der Schiffahrtsagentur Rosenfeld in knappen 3 Stunden. Und nun? Kein Auto. Kein Dach. Wenig Gepäck. Wir entscheiden uns für Jerusalem. By Train und Bus – eine ganz willkommene Abwechslung.

Das heilige Epizentrum: Jerusalem.

Jerusalem empfängt uns unerwartet freundlich und schön. Die gesetzlich verordnete Sandsteinfassade wertet die lebensfrohe Stadt enorm auf. Es gibt kaum Hochhäuser, dafür breite schicke Boulevards mit ebensolchen Geschäften, als auch kleine liebevoll hergerichtete, alternative Strässchen. Es fahren moderne Trams, die Strassen sind sauber, die Menschen geschäftig vergnüngt. Wir staunen. So haben wir uns das religiöse Zentrum des Landes, ja, vielleicht sogar der Welt nicht vorgestellt.

Ohne Worte.

Doch es ist wie immer, wenn man nur die eine Seite kennt (in unserem Fall Westjerusalem): Man meint bereits alles zu kennen. Bis man dann die andere Sicht entdeckt. In diesem Falle, dass die Israeli “ihr” Land nicht alleine für sich haben. Besonders augenfällig wird dies in Jerusalem, wo die Altstadt in ein jüdisches und muslimisches Quartier unterteilt ist (zudem gibt auch ein kleines christliches und armenisches Quartier). Mit separaten Zugängen, versteht sich. Die Muslime verwenden vor allem das Damaskusgate, die Juden das Jaffagate und bleiben vornehmlich unter sich. Die Touristen durchmischen die Altstadt und sorgen für die nötigen Umsätze und Instagramposts. Immer präsent natürlich auch hier, die israelische Armee – sie hat den Schutzauftrag für die gesamte Altstadt. Und kein Gamedesigner könnte die Szene besser aka verstrickter und unlösbarer aufbauen als die Geschichte dieser Stadt.

Vielschichtige Verflechtungen, Prädikat unlösbar.

Die Juden erheben Anspruch, weil sie ihren heiligen Tempel aus der Zeit König Davids (ca. 1000 v.Chr. unter den Gemäuern der Stadt vermuten. Die Christen wissen um das Leid und Kreuz, welches Jesus in dieser Stadt mit sich trug – und dass er hier begraben wurde (ca. 30 n.Chr.). Die Muslime haben Jerusalem zur drittheiligsten Stadt (nach Mekka und Medina) erkoren, weil Mohammed hier nach/während seinem Tod noch eine letzte Rundfahrt gemacht haben soll – und sich dies in der Al-Aksa-Moschee bzw. dem Felsendom manifestiert. Dazu kommen: Diverseste Herrschaften von den Ägyptern über die Römer, Perser, Kreuzfahrer, Osmanen, Britten und vielen weiteren. Es hat also jeder Anspruch auf die Stadt und deren Heiligtümer, die sich zu allem Übel nicht nur innerhalb der engen Stadtmauern drängen, sondern sich zuweilen auch in die Tiefe überlagern.

So gruben beispielsweise die Juden unter dem Felsendom um Beweise für den vermuteten jüdischen Tempel zu finden. Was wiederum die Muslime in Rage und wilde Verschwörungstheorien hervor brachte. So bangten diese, dass der Dom zum Einsturz gebracht werden sollte. Was wiederum viele Juden unterstützen, welche die Stadt als die ihrige erachten.

Es gibt unzählige solche Geschichten, oft absurde, lächerliche. Würde man doch vermuten, dass eine solch historische und religiöse Stadt bzw. die religiösen Meister als Vorbild auftreten und ihren Glauben und ihre Weisheit gewinnbringend und versöhnend einbringen sollten. Was leider nicht in den Ansätzen erkennbar ist. Vielmehr ist’s ein sehr weltliches Powerplay, wo Propaganda, Opportunismus und Waffengewalt dominieren.

Genau so haben wir uns das erhofft.

Wir als Touristen saugen die Stadt und deren verworrenes, sehr menschliches Leben richtiggehend auf. Besuchen die wichtigsten Dome, Mauern und Gräber und sind uns einig: Diese Stadt ist der Höhepunkt. Die würdige finale, emotionale und kulturelle Endstation unsere Reise durch den Nahen Osten.

Komme was wolle: Die Reise durch und über diesen Zwischenkontinent war unbeschreiblich schön, intensiv und lehrreich. Wir können die Route nur empfehlen. Die Überwindung, welche es dich kostet, sie in Angriff zu nehmen wird 1000 und 1 fach belohnt. Du weisst ;).