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Oman

Über Berge. Und deren Täler.

Wer mit Kindern reist kennt wohl den guten Vorsatz: Weniger ist mehr. Auch wir haben uns vorgenommen, unsere Reise nach diesem Grundsatz zu gestalten. Die Buben sollen Raum und Zeit haben für Spass und Spiel. Die Grossen fürs Nichtstun.

Weniger ist mehr vs. FOMO

Meist gelingt es, diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen. Bewusst auf etwas zu verzichten, was man auch noch hätte anschauen können und unsere FOMO (Fear of Missing out) zu zügeln. Den Süden des Oman haben wir schweren Herzens dem ‚weniger‘ geopfert, weitere Sehenswürdigkeiten ebenfalls. Und doch kann hier nicht unerwähnt bleiben, dass unser beider FOMO am Dubai Open den Höhepunkt erreichte, als wir merkten, dass man nicht gleichzeitig Rorys Drive auf der 15, Hovlands Birdie-Putt auf der 17 und Morikawas Annäherungsschlag auf der 18 erleben kann.

Auch Kamele kennen FOMO. Und wie sie ohne Mühe zu einem leckeren Morgenessen kommen.

Nun aber wie der Titel es verspricht, zu den Bergen und Täler des Oman. Im Nordosten des Oman erstreckt sich das Hajar-Gebirge mit seinem höchsten Gipfel dem Jebel Shams (3009 m.ü.M.) und darin verborgenen, wunderschönen Wodis (Täler, Flussläufe). Es gibt unzählige Wadis zu entdecken – wir entscheiden uns für zwei, welche gemäss Reiseberichten zu den schönsten des Landes zählen.

Wadi As Shab

Das Wadi As Shab liegt ganz in der Nähe von Fins, wo wir Noams Geburtstag feiern und uns (nahezu erfolglos) im Fischen üben. Gut erschlossen wird es sein, dieses Wadi. Und bestimmt auch etwas Leckeres für unsere knurrenden Mägen bereithalten. Schliesslich wird es als das schönste Wadi Omans angepriesen. Da kann nichts schiefgehen. So unsere wahrlich naiven Gedanken.

Dass es bereits um 10 Uhr richtig warm, ja eher heiss ist und wir irgendwo gelesen haben, dass man 45 Minuten (Marschzeit für Erwachsene) ins Tal hinein wandert bis man baden kann, ignorieren wir zu diesem Zeitpunkt gekonnt.

Beim Parkplatz werweisen wir noch, ob Flip-Flops oder Turnschuhe das adäquatere Schuhwerk für die bevorstehende Erkundung des Wadis seien. Zum Glück aller Beteiligter fällt die Wahl auf die Turnschuhe.

Schon beim Eingang ins Wadi geht’s abenteuerlich zu und her. Ein Boot bringt uns zum anderen Ufer, wo der Fussmarsch beginnt. Der Bootsfahrer erklärt uns mit einem breiten Lächeln, dass es im Tal nichts gebe ausser Natur: Kein Haus, keine Toiletten und schon gar kein Restaurant.  Na gut, das schaffen wir auch so. Wir sind schliesslich Schweizer. Und Schweizer können auch ohne Restaurant wandern. Aber besser mit Rucksack als mit dieser mühsamen Strandtasche und der Fischerrute, die wir auch noch bei uns tragen. Das Wadi As Shab soll ausgezeichnet sein zum Fischen. So ein Blödsinn. Aber den merken wir auch erst auf der Hälfte des Weges. Kurz vor dem Umdrehen – oder soll ich besser sagen Aufgeben?

Aufgeben? Erprobte Schweizer Wanderer? Nun ja. Die Wanderung ins Wadi As Shab ist zwar unglaublich schön, aber nicht ohne. Der Weg (falls überhaupt als solcher erkennbar) ist teilweise sehr ausgesetzt. Die Steine rutschig. Eine Absicherung oder ein Handlauf inexistent. Die Sonne brennt um 11 Uhr fast senkrecht ins Tal hinein. Der Schatten daher sehr spärlich. Das Jaron nicht selber gehen kann, muss nicht erwähnt werden, aber auch Noam hat so seine Mühe. Allerdings bin ich es, die fast die Felswand runterpurzelt. Und zwar nicht, weil ich mit Selfies machen beschäftigt bin, sondern weil ich auf der Flucht vor der grellen Sonne Noams Fischerrute zwischen die Beine bekomme.

Kurz nach dieser Episode, die Köpfe bereits gut erwärmt und eine halbe Stunde Fussmarsch hinter uns, steht die Umkehr zur Debatte. Zum Glück ermuntert uns ein omanischer Reiseführer nach dem Znüni und ein wenig Abkühlung im Schatten weiterzugehen. Was uns am Ende des Tales erwartet ist umwerfend und eines der bisherigen Highlights unserer Reise. Über verschiedene Wasserbecken schwimmt man zwischen Felsen hindurch bis in eine Höhle – mit Wasserfall. Das Wasser ist erfrischend kühl und kristall klar.

Leider sind wir aufgrund der Hitze und dem nicht vorhandenen Mittagessen etwas unter Zeitdruck, so dass sowohl David als auch ich den schwimmenden Parcours bis in die Höhle und zurück in Rekordzeit zurück legen und für staunende – ja fast schon anerkennende – Gesichter sorgen.

Zu unser aller Erleichterung verläuft der Rückweg dann einiges entspannter und müheloser. Die Topografie des Tales spendet uns über weite Strecken Schatten, Jaron schläft friedlich in der Tragehilfe und die Erfrischung des kühlen Bades hält fast bis zum leckeren Mittagessen in Tiwi an.

Wadi Bani Khalid

Das zweite Wadi auf unserer Liste ist das am meistbesuchte im Oman. Der hohen Besucherzahl verdankt das Wadi wohl auch die etwas in die Jahre gekommene, bescheidene Infrastruktur sowie ein kleines Restaurant. Diesesmal aber sind wir gut vorbereitet – und benötigen es nicht. Lässt man den gut besuchten Eingang ins Wadi hinter sich – was in 5 Minuten Gehzeit möglich ist – eröffnet sich einem auch hier ein wunderschönes, noch wildes und unberührters Tal mit verschieden Schwimmbecken, kristallklarem Wasser sowie meterhohen, teils überhängenden Felswänden.

Die Becken am Ende des Tals eignen sich hervorragend für das Plantschen mit Kindern. Sie sind nicht sehr tief, teilweise sogar lauwarm und vom Schatten der Felsen geschützt. Und so verbringen wir hier einige entspannte Stunden.

Badespass für Vier. Oder soll ich besser sagen Drei?

Doch es gibt noch eine kleine Herausforderung für mich: das Umziehen. Kurz vor unserer Rückkehr am Abend – nun ist auch das grosse Schwimmbecken im Tal menschenleer – zieht es mich ins kühle Nass. Hinten im Tal wäre die Sache um einiges einfacher gewesen. Trifft man dort doch praktisch ausschliesslich Touristen aus dem Westen an. Das Baden im vorderen Bereich des Wadis, wo sich auch viele Omani aufhalten, ist ausschliesslich mit einem T-Shirt und Shorts gestattet. Ihr seht also: Umziehen vor Menschen ein Tabu und David daher etwas angespannt. Irgendwann eröffnet sich mir ein Zeitfenster, welches ich flux nutze und so steht auch meiner Abkühlung an diesem Tag nichts mehr im Wege.

Welches Wadi uns besser gefällt? Das Wadi as Shab erhält unbestritten unseren Zuspruch. Die Wanderung, Wasserbecken und der Schwimmparcours bis in die Höhle sind in ihrer Schönheit wohl kaum zu übertreffen.

Jebel Shams

Gegen Ende unseres Oman-Aufenthalts steht noch der obligate Besuch des höchsten Berges – des Jebel Shams – auf dem Reiseprogramm. Von Al Hambra aus geht es über eine eindrückliche und äusserst steile Strasse auf 2000 m.ü.M. In der Schweiz hätte die Überwindung dieser Höhenmeter wohl die xfache Wegstrecke benötigt.  Und so kommt es auch, dass der Motor unseres bis dahin äusserst zuverlässigen Reisepartners auf den letzten Kilometer dezent auf seine Überhitzung aufmerksam macht. Nach einer kurzen Pause hat er sich erholt und so lassen sich auch noch die letzten Kilometer auf der staubigen und holprigen Piste flott überwinden.

Trotz Höhenangst - souverän geflogen.

Der Jebel Shams besticht durch seine bis zu 1000m senkrecht in die Tiefe fallenden Felswände. David lässt es im Gegensatz zu seinem mutigen Ausflug am Grand Canyon (welcher ihm anschliessend Muskelkater aufgrund der Anspannung bescherte) etwas sanfter angehen bei der Annährung an die Höhe respektive Tiefe. Und so lässt er seine Höhenangst diesmal nur bei waghalsigen Drohnenflügen anklingen. Nach einer Nacht in sicherer Distanz zum Abgrund verabschieden wir uns vom Jebel Shams. Das in Kürze auslaufende Visum ruft uns nach Ibri, wo wir zu unserer Reise durch die Rub al-Khali nach Saudi Arabien aufbrechen werden.